Wer hat den Scheibenwischer erfunden? Die komplette Geschichte der wichtigsten Sicherheitsinnovation
Den Scheibenwischer hat die amerikanische Bauunternehmerin und Erfinderin Mary Anderson im Jahr 1903 erfunden. Am 10. November 1903 erhielt sie das US-Patent Nr. 743801 auf die erste funktionierende Scheibenwischanlage der Welt. Diese bahnbrechende Erfindung entstand aus einer praktischen Notwendigkeit heraus und wurde zu einer derwichtigsten Sicherheitsinnovation für Kraftfahrzeuge.
Die Amerikanerin Mary Anderson: Pionierin der Fahrzeugsicherheit
Mary Elizabeth Anderson wurde am 19. Februar 1866 in Greene County, Alabama, geboren und war eine amerikanische Bauunternehmerin, Rancherin und Winzerin. Bei einem Besuch in New York City im Winter 1902 fiel ihr auf, dass die Fahrer und Fahrerinnen von Straßenbahnen große Schwierigkeiten hatten, bei Schneefall oder Regen gut zu sehen.
Während ihres Besuches war es Winter und an einem sehr kalten Tag musste der Straßenbahnfahrer mit geöffneter Windschutzscheibe fahren, denn durch den Eisregen konnte er schwer sehen. Diese Beobachtung brachte Anderson auf die Idee, eine Lösung für diesen Missstand zu entwickeln.

Andersons revolutionäre Erfindung
Andersons Vorrichtung bestand aus einem in Lenkradnähe angebrachten Hebel, mit dem der Fahrer bei Bedarf auf der Windschutzscheibe einen gefederten Schwingarm mit einem Gummiblatt in Bewegung setzen konnte, der anschließend wieder in die Ausgangsposition zurückkehrte. Diese simple, aber geniale Lösung bildete die Grundlage für alle modernen Scheibenwischer.
Patentierung und frühe Skepsis
Dabei handelt es sich übrigens um eines der frühesten Patente für eine Erfinderin überhaupt. Allerdings stieß ihre Erfindung anfangs auf erheblichen Widerstand. Mary Anderson wurde zu Anfang von der Öffentlichkeit belächelt, da man davon ausging, dass der Scheibenwischer zu sehr beim Autofahren störte und dass er deswegen auch niemals zum Einsatz kommen würde. Das Lachen hielt nicht lange an. Schon 1913 fuhren Tausende Amerikaner und Amerikanerinnen mit dem Auto und die Scheibenwischeranlage von Mary Anderson gehörte zur Standard-Ausstattung.
Heinrich von Preußen: Der deutsche Scheibenwischer-Pionier
Prinz Heinrich von Preußen (1862–1929) war es, der am 24. März 1908 das erste deutsche Patent auf den Scheibenwischer erhielt (DRP 204343). Der Bruder des deutschen Kaisers Wilhelm II. und Enkel der britischen Queen Victoria war ein passionierter Automobilist.
Die Prinz-Heinrich-Mütze: berühmter als der Scheibenwischer
Bekannt ist dieser Prinz heute nicht wegen seiner Erfindung, sondern wegen eines Kleidungsstücks: Die „Prinz-Heinrich-Mütze" hat er zwar nicht erfunden, aber populär gemacht. Diese Kopfbedeckung wurde zu einem dauerhaften Mode-Symbol und ist bis heute beliebt.
Heinrichs technische Lösung
Seine Lösung war ein „aus einem nach Art eines Freiträgers ausladenden Abstreichlineal bestehender Scheibenreiniger für die vordere Schutzscheibe an Kraftfahrzeugen". Im Gegensatz zu Andersons System war Heinrichs Scheibenwischer an der Außenseite der Windschutzscheibe montiert und musste von Hand betätigt werden.
Weitere frühe Erfinder und Entwicklungen
Die Geschichte des Scheibenwischers kennt mehrere Pioniere:
Józef Hofmann – der vergessene Visionär
Der erste Entwurf eines Scheibenwischers wird dem polnischen Konzertpianisten Józef Hofmann zugeschrieben, der seine Idee jedoch nicht weiterverfolgte.
J.H. Apjohn – der britische Konkurrent
Etwa zur selben Zeit wurde auch in Großbritannien der Scheibenwischer erfunden. Patentiert wurde er von einem Iren namens J. H. Apjohn. Seine Erfindung enthielt zwei Wischerblätter, die die Scheibe von oben bis unten wischten.
Robert Douglass – der kanadische Entwickler
In etwa zur gleichen Zeit im Jahr 1903 beantragten gleich drei Erfinder Patente für Scheibensäuberungsvorrichtungen für Automobile, nämlich Mary Anderson, Robert Douglass und John Apjohn.
Die Ära der elektrischen Scheibenwischer
Bosch revolutionierte 1926 die Technik
1926 stellte die Firma Bosch erstmals eine Apparatur vor, bei der ein Elektromotor einen Wischarm mit Gummilippe über die Autoscheibe pendeln ließ. Bestehend aus einem Elektromotor, der über Schnecke und Zahnradgetriebe einen Hebel mit Gummibelag antrieb, schuf der elektrische Scheibenwischer von Bosch endlich klare Sicht durch die Frontscheibe.
Diese Entwicklung war bahnbrechend: Das System war von einem kleinen Elektromotor oberhalb der Autobatterie angetrieben und nicht vom laufenden Motor abhängig. Der Stromverbrauch war auf ein Minimum reduziert, was lange Fahrten bei nassen Bedingungen ermöglichte.
| Jahr |
Erfinder/Unternehmen |
Innovation |
Patent-Nr. |
| 1903 |
Mary Anderson (USA) |
Erste funktionierende Scheibenwischanlage |
US 743801 |
| 1908 |
Heinrich von Preußen (Deutschland) |
Erstes deutsches Patent |
DRP 204343 |
| 1926 |
Bosch (Deutschland) |
Erster elektrischer Antrieb |
DE 472574A |
| 1962 |
Robert Kearns (USA) |
Intervallscheibenwischer |
- |
Weitere technische Meilensteine
Vakuum-betriebene Wischer (1921) Im Jahr 1921 erfand der amerikanische Erfinder William Folberth mechanische Scheibenwischer, die durch ein Vakuum angetrieben wurden, das der Automotor erzeugte. Das System hatte jedoch den großen Nachteil, dass bei langsamer Fahrt oder gar beim Warten an einer Ampel der Wischer sich langsam bis gar nicht mehr bewegte und somit der Fahrer bzw. die Fahrerin von Hand kurbeln musste.
Charlotte Bridgwood’s Automatisierung (1917) Im Jahr 1917 erfand Charlotte Bridgwood die ersten automatischen Scheibenwischer, womit sie eine weitere wichtige Entwicklung vorantrieb.
Der Durchbruch des Intervallwischers
Robert Kearns: Der Mann, der Ford herausforderte
Inspiriert durch sein eigenes teilweises Erblinden, erfand Robert Kearns aus Indiana (USA) 1962 die Intervallwischer, die das Blinzeln des menschlichen Auges nachahmten. Kearns folgte mit seiner Erfindung dem menschlichen Augenlid, das sich selbsttätig in einem Intervall von wenigen Sekunden kurz schließt und wieder öffnet.
Der Rechtsstreit mit Ford
Noch bevor er 1967 das erste von über 30 Patenten erhielt, stellte er die Idee der Ford Motor Company vor. Diese änderte das System jedoch leicht ab und baute ab 1969 eigene Intervall-Scheibenwischanlagen, ohne Kearns am Gewinn zu beteiligen. Andere Autohersteller folgten innerhalb weniger Jahre.
Kearns strengte Klagen wegen Patentverletzung gegen Ford und 26 andere Autohersteller an, die erst Anfang der 1990er Jahre zu seinen Gunsten entschieden wurden. Ihm wurden 10,2 Mio. $ Schadenersatz zugesprochen.

Moderne Entwicklungen und Innovationen
Aerodynamische Verbesserungen
1999 führte die Robert Bosch GmbH erstmals den gelenklosen Flachbalken-Wischer (Aerotwin) auf dem Markt ein, der heute auf beinahe allen Neufahrzeugen vorgesehen ist.
Regensensoren und Smart-Technologie
Moderne Fahrzeuge verfügen über Regensensoren, die automatisch erkennen, wann Scheibenwischer aktiviert werden müssen. Diese Technologie hat das Fahren bei schlechten Wetterverhältnissen noch sicherer gemacht.
Die wichtigsten Erfinder im Überblick
Top 5 Scheibenwischer-Pioniere:
- Mary Anderson (1866–1953) – die wahre Erfinderin des ersten funktionierenden Systems
- Heinrich von Preußen (1862–1929) – rstes deutsches Patent und Automobilsport-Pionier
- Józef Hofmann – Früher Visionär, der die Idee aber nicht weiterverfolgte
- Robert Kearns (1927–2005) – Erfinder des Intervallwischers
- J.H. Apjohn – britischer Parallel-Erfinder mit eigenem Ansatz
Technische Entwicklungen im Zeitverlauf
| Zeitraum |
Technologie |
Besonderheiten |
| 1903–1925 |
Handbetrieb |
Mechanische Betätigung vom Fahrer |
| 1926–1960 |
Elektromotor |
Kontinuierliche Wischbewegung |
| 1962–1990 |
Intervallsteuerung |
Variable Pausen zwischen Wischvorgängen |
| 1990-heute |
Smart-Systeme |
Regensensoren, adaptive Geschwindigkeit |
Profi-Tipp von Autodoc-Fachleuten: Bei der Auswahl neuer Scheibenwischer sollten Sie auf die richtige Länge und den passenden Anschluss achten. Moderne Bosch-Scheibenwischer oder Valeo-Scheibenwischer bieten durch ihre aerodynamische Bauweise nicht nur bessere Wischleistung, sondern auch geringere Windgeräusche.
Warum die Geschichte bei schlechtem Wetter begann
Die Erfindung des Scheibenwischers war eine direkte Antwort auf die Herausforderungen des frühen Automobilzeitalters. Im Gegensatz zu den davor verwendeten Kutschen, bei denen die Pferde selbst anhielten, wenn sie auf ein Hindernis stießen, war das bei Fahrzeugen unmöglich, denn entscheiden musste der Fahrer bzw. die Fahrerin selbst.
Die praktischen Schwierigkeiten der frühen Autofahrer und Autofahrerinnen
Frühe Fahrzeuge hatten mehrere Optionen bei Regen:
- Offene Fahrt: Fahrer und Fahrerinnen wurden nass, hatten aber freie Sicht
- Anhalten: warten, bis das Wetter besser wurde
- Manuelle Reinigung: aussteigen und die Scheibe von außen putzen
Diese unpraktischen Lösungen machten die Erfindung des Scheibenwischers zu einer Notwendigkeit.
Unterschiede zwischen amerikanischen und deutschen Ansätzen
Mary Andersons amerikanische Lösung
- Bedienung: Hebel im Fahrzeuginneren
- Mechanismus: Gefederter Schwingarm mit Gummiblatt
- Vorteil: Trockene Bedienung bei jedem Wetter
Prinz Heinrichs deutsche Variante
- Bedienung: Außenmontage, Handbetätigung
- Mechanismus: Abstreichlineal aus nachgiebigem Stoff
- Nachteil: nur bei offenen Wagen praktikabel
Die Scheibenwischer-Industrie heute
Moderne Scheibenwischer haben sich weit von den ursprünglichen Designs entfernt:
Aktuelle Marktführer:
Spezialisierte Lösungen:
Die heutigen Systeme bieten Features wie:
- Aerodynamisches Design für geringere Windgeräusche
- Langlebige Materialien aus synthetischem Kautschuk
- Präzise Wischfelder für optimale Sichtbereiche
- Einfache Montage durch standardisierte Befestigungssysteme
Fazit: Von der Vision zur Standardausstattung
Die Antwort auf die Frage „Wer hat den Scheibenwischer erfunden?“ ist eindeutig: Mary Anderson war die Erste, die ein funktionstüchtiges System entwickelte und patentieren ließ. Ihre Erfindung von 1903 legte den Grundstein für eine der wichtigsten Sicherheitsinnovationen in der Automobilgeschichte.
Obwohl andere Erfinder wie Heinrich von Preußen, Józef Hofmann und J.H. Apjohn parallel an ähnlichen Lösungen arbeiteten, war Anderson die erste mit einem praktikablen System. Die weitere Entwicklung durch Bosch mit elektrischen Antrieben 1926 und Robert Kearns’ Intervallwischer 1962 perfektionierten schließlich die Technologie.
Heute sind Scheibenwischer eine Selbstverständlichkeit, aber ihre Geschichte zeigt, wie aus einer einfachen Beobachtung eine lebensrettende Innovation entstehen kann. Für moderne Fahrzeuge sind die besten Scheibenwischer nicht nur ein Komfort-, sondern ein essentielles Sicherheitsfeature, das Millionen von Unfällen verhindert.
Die Geschichte der Scheibenwischer ist damit weitaus abwechslungsreicher und faszinierender, als die meisten Autofahrer und Autofahrerinnen vermuten würden – und sie ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.